„Ein nach wie vor für mich sehr eindrückliches Erlebnis war der Abend, an dem die Idee für ein Ost-West-Seminar entstand.“ Pfarrer Peter Kube, mit dem Brüning an diesem Abend intensiv über beide deutschen Gesellschaften sprach, bestätigte mit seinen Visionen für eine andere DDR, dass es so einfach mit dem Ost-West-Verhältnis, wie im westlichen Gymnasium vermittelt, doch nicht sein kann.
Pfarrer Kube stand nämlich nicht nur seinem Staat sehr kritisch gegenüber, sondern auch der BRD und konnte sich diese überhaupt nicht als positives Gegenbild zum realexistierenden Sozialismus vorstellen. Kube erzählte u.a. von Konzepten des geschassten Kritikers Rudolf Bahro. Er war der Überzeugung, dass eine zukünftige DDR-Gesellschaft aus ihren eigenen Erfahrungen und Traditionen heraus den eigenen demokratischen Weg suchen muss.
Kube erklärte, dass für ihn weder eine tatsächliche noch eine gedankliche Ausreise, indem er die BRD als wünschenswerte Zukunftsvision annähme, in Frage käme. „Für mich war es ausgesprochen interessant mit Pfarrer Kube über einen solchen ‘dritten Weg’ nachzudenken. Hier bestand der Freiraum, neben der Kritik am realen Sozialismus der DDR auch eine Kritik an der BRD einzubringen. Eine solche Zukunftsvision zu etablieren, bot sich als Chance für einen interkulturellen Dialog, für interkulturelles Lernen an.“
So war es kein Zufall, dass Kube und Brüning den Entschluss fassten, den deutsch-deutschen Dialog in etwas größerem Rahmen fortzusetzen. „Wir wollten dafür bewusst ein konkretes Thema auswählen“, erklärt Brüning, „denn wir hatten beide vom ‘oberflächlichen Ost-West-Konsumgeschwätz’, bei dem das mangelhafte Konsumangebot der Ostkaufhalle vor dem Hintergrund des Westwerbefernsehens beklagt wird, die Nase voll.“ „Uns war es wichtig, an einem konkreten Punkt zu arbeiten, an dem Ost- wie Westdeutsche ihre jeweiligen Erfahrungen einbringen können.“
Pfarrer Kube machte den Vorschlag, sich angesichts des 500. Geburtstages von Thomas Müntzer einmal genauer mit dieser Person zu beschäftigen, die auf östlicher und westlicher Seite eine so unterschiedliche Würdigung erfährt.
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