Der Zusammenbruch des realen Sozialismus in der DDR wirkte sich in zweierlei Hinsicht problematisch auf die Bildungsarbeit aus. Einmal stand das praktische Engagement in der Bürgerrechts- und Protestbewegung vor dem Hintergrund eines begrenzten Zeitbudgets in Konkurrenz zu einer aktiven Beteiligung am Ost-West-Bildungsprojekt und wurde auch als „epochal wichtig“ diesem Engagement vorgezogen. Zum anderen stand für den Teilnehmerkreis aus der DDR nach der Wende eine Neuorientierung und Etablierung im neuen System, begleitet von bisher nicht gekannten materiellen Existenzängsten an, was für die Mitarbeit im Projekt die Motivation dämpfte und die dafür notwendige Zeit einschränkte. Bei einigen wandelte sich die individuelle Orientierungsphase bald in einer eher sozial ausgerichtete. Herausragendes Projekt in dieser Hinsicht war die Gründung einer freien Schule durch einen ehrenamtlich arbeitenden Nordhäuser Initiativkreis.
Der Fall der Mauer ‘89 wurde als einschneidend empfunden: „Jetzt entwickelten sich Verhältnisse mit großer Dynamik in eine Richtung, die gar nicht den von uns in unterschiedlichen thematischen Bereichen entwickelten Visionen entsprach, die wir in den vergangenen Seminaren erarbeitet hatten“, beschreibt eine Teilnehmerin.
„Entgegen dem von uns praktizierten Lernmodell auf Gegenseitigkeit, bei dem die positiven Erfahrungen beider Seiten als kritische Leitmotive Geltung besaßen, gestaltete sich die deutsch-deutsche Vereinigung eher als Vereinnahmung. Den plumpen Bildern aus der Zeit des kalten Krieges nichts nachstehend, wurde östlich des Grenzzaunes alles für marode, ineffizient, diktatorisch, menschenverachtend und krank erklärt und mit einem Anschluss an des BRD-Gefüge unumkehrbar auf die Schnelle kuriert.“ Der hier angerichtete Schaden wirkt nach Meinung der Teilnehmer des Bildungsprojekts in vielerlei Hinsicht: Fatale Auswirkungen hat der „Anschluss“ auf das Selbstbewusstsein der Menschen in den „neuen Bundesländern“ - der Begriff DDR wurde fortan schamhaft vermieden. Nicht nur ihre kulturelle Geschichte war nicht mehr gefragt, auch ihre beruflichen Fähigkeiten wurden für wertlos erklärt. Zu Hunderttausenden wurde ihnen zuerst noch versucht weis zu machen, dass ihr Nichtarbeiten bloß Kurzarbeit sei, doch nach und nach wurde den Kurzarbeitern unmissverständlich klar, dass sie nun Arbeitslose waren und das oft auf Dauer. Ganz besonders trifft diese Charakterisierung für Frauen zu, für die es im neuen gesellschaftlichen Klima nicht mehr selbstverständlich ist, erwerbstätig zu sein und die deshalb auch noch stärker von der Arbeitslosigkeit betroffen sind. Dies wurde von vielen Seminarteilnehmern als schmerzlicher Rückschritt empfunden.
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